CamAPS FX
CamAPS steht für Camebridge artificial pancreas system. Dies ist eine Hybrid-closed loop App, die anhand der Sensor-Glucosedaten die Insulinzufuhr der Pumpe regelt.
Nach Studien mit Kindern, Jugendlichen, Schwangeren und Menschen über 60 Jahren ist die App nun seit 1 ½ Jahre in der EU und UK für T1- Diabetiker ab einem Alter von 1 Jahr zugelassen. Sie ist kostenpflichtig, hieß es im Vorfeld. Mit mind. 30 €/Monat ist man dabei. Mit ihr ist Loopen möglich mit der DANA, der mylife YpsoPump, derzeit mit dem Dexcom G6 und einem Android Handy.
An meinem Beispiel stelle ich das Loop-System mit der YpsoPump in der neuesten Fassung, dem Dexcom G6 und einem Nokia-Handy vor.
Die YpsoPump habe ich zuvor nach Kontakt mit einer Ypsomed-Vertreterin ca. 6 Monate zur Probe getragen, hatte nach drei Monaten meine Krankenkassen-Genehmigung und wartete noch drei Monate auf das aktuelle Modell.
Sie ist klein, zierlich, leicht und chick, sie fasst ein befüllbares, sichtbares Glasreservoir (!) für diverse Insulinsorten mit 1,6ml/Ampulle U100 Insulin (160 Einheiten) und einer AAA- Batterie. Das Wechseln der Ampullen geht sehr zügig vonstatten. Diese Größen sind wichtig für den täglichen Insulinbedarf und die geringe Gesamtgröße. Katheter stehen aus Stahl oder Teflon zur Verfügung. In diversen Nadel- und Schlauchlängen sind sie als Infusionsset mit Schlauch und Kanüle oder als einzelne Kanüle lieferbar. Der Katheteranschluss ist um 360° an der Kanüle drehbar (kein Luer).
Der Dexcom G6 schien laut Liste im Internet nicht mit meinem Handy kompatibel. Ein Test 1 1/2 Jahre zuvor machte dies deutlich. Er besteht aus dem Transmitter, der nach drei Monaten ersetzt wird, und dem Sensor, der nach 10 Tagen neu gesetzt werden muss. Um ihn alle 10 Tage zu setzen, ist ein riesiger “Stempel” notwendig, der dann komplett in den Müll entsorgt wird. Laut Info der Ypsomed-Vertreterin würde die CamAPS FX mein Handy mit dem DexcomG6 über die App verbinden, was stimmte.
Eine Kooperation mit dem FreestyleLibre 3 von Abbott ist im Übrigen für nächstes Jahr in Planung.
Die CamAPS FX ist kostenlos im App Store zum Herunterladen bereit. Und die monatlichen Kosten werden von Ypsomed übernommen. Nötig ist ein Android-Handy. Die IOS-Verbindung wird im nächsten Jahr vermutlich kommen. Zum Herunterladen der App ist natürlich eine Internetverbindung nötig, zum Betreiben der App allerdings nicht.
- Die App beinhaltet einen Algorithmus, der alle 8-12 Minuten je nach gemessenem Sensor-Glucosewert einen Mikrobolus abgibt und so den BZ dem Zielglukosewert anpasst. Der Algorithmus arbeitet auf der Grundlage des Körpergewichtes und der Tagesinsulindosis (Durchschnitt der letzten 5 Tage beim Start).
- Bei zu niedrigen BZ-Werten wird der Mikrobolus gen Null gefahren. Bei hohen BZ-Werten erfolgt die Reaktion mit höheren Boli.
- Eingeben muss man die Mahlzeiten und erhält einen Bolusvorschlag (unterschieden nach Mahlzeitengrößen und ggf. lang resorbierbaren KH), den man am besten 5-10 Minuten vor der Mahlzeit bestätigt/abgibt.
- Was gegen UZ gegessen wird, ob Sport ansteht (ease-off) oder ob man krank ist, wird ebenfalls eingegeben. Genauso kann eingegeben werden, dass eine Pizza mit lang resorbierbaren KH verzehrt wird (boost und /oder weitere Funktion KH eingeben).
- Der Loop-Modus im aktiven Zustand zeigt sich durch den hellgrünen Hintergrund im Handy-Display. In dieser Zeit (Loop) sind die Funktionen der Pumpe z. B. mit verzögertem oder reduziertem Bolus nicht abrufbar. Das erledigt ja auch der Algorhythmus. Es gibt aber ähnliche Elemente, die ggf. zusätzlich zum Loop benutzt werden können. Im Off-Zustand (Loop aus) ist der Hintergrund des Display hellgrau. Ist der Loop-Modus aktiviert, ist er bei der Suche zunächst orange und im Modus selbst hellgrün. Die Anschaltung des Loop ist super einfach.
- Sollte die App jemand in der Praxis mit der Diabetesberatung gemeinsam einrichten wollen, empfiehlt es sich, die App zuhause herunterzuladen, denn in Praxen ist die Internetverbindung nicht immer gut…
- Wichtig vor der Installation: Falls vorhanden, löschen der Mylife App und der Dexcom App! Die Pumpendaten gehen nicht verloren. Diese Apps behindern sich und die Installation der CamAPS FX allerdings gegenseitig.
Beim Einrichten der App sind folgende Dinge notwendig:
- Erstellen von einem DIASEND-Konto
- Schulung beim Diabetesteam oder eigenständig unter CamDiab.\Training.com, beides endet mit einer Trainings-ID, die zum Installieren der App notwendig ist.
- Unbedingt wichtig ist das viel beworbene Körpergewicht und eine durchschnittliche Gesamt-Insulinmenge von 5 Tagen.
- Bereithalten muss man alle Daten, die die Pumpe auch beinhaltet: Kohlenhydrat-Insulin-Verhältnis für jede Mahlzeit und der gewünschte Ziel-BZ (Eingestellt ist der aus den Studien bewährte Wert von 104 mg/dl. Ich hatte zu Beginn 120 mg/dl eingestellt. Der Wert ist für 24 Std/Tag individuell einstellbar.)
- Wirkdauer des verwendeten Insulins
- Wichtig ist die Serien-Nr. der Pumpe.
- Alle Daten, die den Dexcom G6 betreffen: ID-Nr. vom Transmitter und die des aktuellen Sensors
Eigene Erfahrungen
Ich nutze das gesamte System seit Ende Juli 2022 und habe mir zwei Jahre Zeit lassen können, abzuwägen, zu entscheiden und dann auf die jetzt gültige Version der YpsoPump (Dose-Funktion: vom Handy steuerbar und loopfähig) zu warten.
Die eigene Beantwortung der Frage “Was will und brauche ich?” ist ungemein wichtig, sich für (d)ein LoopSystem zu entscheiden. Was ist mir persönlich wichtig an einer neuen Pumpe und ihrem Zubehör, am BZ-Lese-System (Sensor) und am Handy, welches man besitzt und deswegen nicht neu kaufen möchte?
Und zu welchen Gerätschaften bin ich bereit, sie täglich in der Hand zu haben? Alle Komponenten zum Loop sind hier via Bluetooth verbunden, und diese Verbindung darf höchsten mal für 6 m kurz überschritten werden. Dieser Alarm ist abschaltbar (!). Andere Abschaltungen wie z. B. bei niedrigem BZ oder länger als 5 Tage nicht befülltem Reservoir habe ich noch nicht hinbekommen. Das kann nerven. Die Verbindungsconnection ist Bluetooth-üblich und ggf. abhängig vom Handy. Das Handy ist also immer mit von der Partie.
Und/ Aber: Wenn nicht gelooped wird, schaltet die Pumpe auf die “alte” Basalrate aus der Pumpe zurück. Die Versorgung ist immer gesichert!
Last but not least
Ich muss lernen, die App alleine arbeiten zu lassen, werde cooler und agiere nicht sofort (wie früher). Aber ich bleibe wachsam, sollte die Kanüle falsch sitzen oder der Katheter verstopft sein. Das erkennt der Algorithmus nämlich nicht.
Für Sport gibt es die Ease-Off-Einstellung oder Ziel-BZ-Änderung. Und falls ich mich mit den BEs verschätzt habe, gibt es die Boost-Funktion. Aber es ist auch möglich, Insulineinheiten unabhängig von den KH einzugeben – als Korrektur (sehr selten).
Der Algorithmus macht eine Menge selbst und erleichtert mir das Leben. Aber er weiß nicht alles. Und das ist die Kunst, schlau damit umzugehen. Und der Mensch, als größte Fehlerquelle vor dem System, muss lernen, sich zu beherrschen oder beherzt einzugreifen. Es gibt also etwas geschenkt und wir sind immer noch wachsame Beobachter unserer selbst.
Ich möchte das System nicht wieder hergeben. Ich habe weniger Hypos, einen geringeren Insulin-Bedarf und habe abgenommen. Und hinzukommen immer öfter derart waagerechte BZ-Verläufe, um dann im Spaß zu fragen: Bin ich jetzt gesund?
Bei Fragen zum System meldet euch gern.
Kerstin
kerstin(at)rauterberg.net